Wissenschaftliches Fehlverhalten und fragwürdige Forschungspraxis

Verstöße gegen die Regelungen der guten wissenschaftlichen Praxis können verschieden gelagert sein und unterscheiden sich in den Konsequenzen, die sie für die Wissenschaft und Gesellschaft mit sich bringen. Oft unterscheidet man daher zwischen (schwerwiegendem) wissenschaftlichen Fehlverhalten und sog. fragwürdigen Forschungspraktiken.

Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt insbesondere vor, wenn vorsätzlich oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder die Forschungstätigkeit Dritter auf andere Weise erheblich beeinträchtigt wird. Schwerwiegendes Fehlverhalten sind beispielsweise die Erfindung und Fälschung von Forschungsergebnissen oder Plagiate. Wie Regelverstöße untersucht und geahndet werden, regelt die Satzung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis am KIT.

Fragwürdige Forschungspraktiken sind weniger eindeutig zu bestimmen, umfassen jedoch meist eine ganze Bandbreite von Handlungen, die auf das Herauspicken, Unterdrücken und Verzerren von Ergebnissen hinauslaufen. Auch das Aufstellen von Hypothesen, nachdem bereits (erste) Ergebnisse vorliegen, kann unter dem Begriff gefasst werden. Sowohl wissenschaftliches Fehlverhalten als auch fragwürdige Forschungspraktiken nehmen einen negativen Einfluss auf den Erkenntnisprozess und haben damit weitreichende Wirkung auf das Vertrauen von Gesellschaft und Politik in die Forschung.

Fehlverhalten
Wissenschaftliches Fehlverhalten

Konkrete Verdachtsmomente wissenschaftlichen Fehlverhaltens müssen laut Satzung gemeldet werden!

Verdacht melden

Beispiele für wissenschaftliches Fehlverhalten

Gemäß § 19 der Satzung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis am KIT gelten als wissenschaftliches Fehlverhalten insbesondere:

  1. Fälschung wissenschaftlicher Sachverhalte
    Beispielsweise durch
    • Erfinden/Vortäuschen von Ergebnissen
    • Verfälschen oder Unterdrücken unerwünschter Daten und Ergebnissen, z.B. durch Verschweigen und Ausblenden
    • absichtlich verzerrte Interpretation von Ergebnissen
    • absichtlich verzerrte Wiedergabe fremder Forschungsergebnisse
  2. Irreführung durch schuldhafte Falschangaben
    Beispielsweise in
    • Bewerbungen
    • Förderanträge und Berichte über die Verwendung von Fördermitteln
    • Publikationen, z.B. Mehrfachpublikationen ohne entsprechende Zitate. Daraus folgt, dass das Kopieren größerer Textabschnitte von bereits veröffentlichten oder im Druck befindlichen Publikationen (auch mit kleinen kosmetischen Korrekturen) oder die Paralleleinreichung des gleichen Artikels bei verschiedenen Zeitschriften unzulässig ist, wenn deren Übernahme nicht korrekt gekennzeichnet und zitiert wird. Das Gleiche gilt für Qualifikationsschriften wie Dissertationen.
  3. Verletzung geistigen Eigentums
    Beispielsweise durch
    • unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorenschaft (Plagiat). Plagiate in der Wissenschaft erfassen dabei nicht nur Fälle von Urheberrechtsverletzungen, sondern auch solche, in denen eine Autorin/ ein Autor fremdes urheberrechtlich nicht geschütztes Material verwendet und sich als dessen Urheber ausgibt. [vgl. Schricker/Loewenheim/Loewenheim, 6. Aufl. 2020, UrhG § 23 Rn. 28-31] Beispiele eines Plagiats sind insbesondere “copy and paste” von Texten ohne korrektes Zitat (Komplettplagiate), Plagiate mit Änderungen im Text/ Verschleierung / Paraphrasen, Übersetzungsplagiate, Bauernopfer (eine Quelle wird erwähnt, aber der Text ist nicht gekennzeichnet als wörtlich kopiert), Übernahme von Bildern, Graphiken und Tabellen ohne korrektes Zitat, Ideenplagiate und Strukturplagiate
    • Ausbeutung von fremden, nicht veröffentlichten konkreten Ideen, Methoden, Forschungsergebnissen oder -ansätzen ohne Zustimmung der/des Berechtigten (Ideendiebstahl), die nicht zwingend die Schwelle einer Urheberrechtsverletzung überschritten haben müssen. Das wissenschaftliche Zitiergebot erfordert hierbei für einen fremden Gedankengang kein Werk (Niederschrift, Dokument, Bild, …)
    • Anmaßung oder nicht gerechtfertigte Annahme wissenschaftlicher Autoren- oder Mitautorenschaft
    • Verweigerung eines durch angemessene Beiträge erworbenen Anspruchs anderer auf Mitautorenschaft
    • wissentliches Verschweigen wesentlicher relevanter Vorarbeiten anderer
    • vorsätzliche oder unzumutbare Verzögerung der Publikation einer wissenschaftlichen Arbeit, insbesondere als Vorgesetzte/r, Herausgeber/-in oder Gutachter/-in
    • vorsätzliche oder unzumutbare Verzögerung der Einreichung einer Dissertation
    • unbefugte Veröffentlichung und unbefugtes Zugänglichmachen an Dritte, solange das Werk, die Erkenntnis, die Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht veröffentlicht ist
  4. Inanspruchnahme der (Mit-)Autorenschaft
    einer/eines anderen ohne deren/dessen Einverständnis
  5. Sabotage
    durch böswillige Beschädigung, Zerstörung oder Manipulation von Arbeitsmitteln, beispielsweise von
    • Geräten und Versuchsanordnungen
    • Daten, Unterlagen und elektronischer Software
    • Verbrauchsmitteln (z.B. Chemikalien)
  6. Verstoß gegen die Regeln zur Dokumentation, Archivierung und Nutzung von Forschungsdaten
    (siehe §§ 10, 11, 12 der Satzung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis am KIT), insbesondere deren Manipulation und Beseitigung
  7. Mitwirkung an wissenschaftlichem Fehlverhalten anderer
    beispielsweise durch
    • aktive Beteiligung am Fehlverhalten anderer
    • wissentliche Mitautorenschaft an fälschungsbehafteten Veröffentlichungen
    • Beisteuern von Texten oder Textteilen zu der Qualifikationsarbeit einer anderen Person („Ghostwriting“)
  8. Wissenschaftliches Fehlverhalten als Vorgesetzte/r, Leiter/in einer wissenschaftlichen Arbeitseinheit (gemäß § 5 Absatz 2 der Satzung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis am KIT) oder als Projektverantwortliche
    • grobe Vernachlässigung der Aufsichtspflicht und der Qualitätssicherung
    • Verfassen vertraglicher Regelungen oder Erteilen von Dienstanweisungen, die den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis widersprechen

Bei Verdacht auf ein Fehverhalten muss dies gemeldet werden.

Weitere Informationen zum Melden von wissenschaftlichem Fehlverhalten finden Sie hier: Fehlverhalten melden